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Donnerstag, 14. April 2011

Der Papst kommt! ... Wayne?

Als ob die alltägliche religiöse Realitätsflucht samt ihrer Friedhofsmoral und  ihren auf Verzicht ausgerichteten Lebensvorschriften nicht belastend genug wäre, "beehrt" das inzwischen 265. Abziehbild des Apostels Petrus - Joseph Ratzinger - das Eichsfeld und Erfurt. Und einige Zehntausend - Christen, wie Atheist_innen und Agnostische - werden sich dieses "Jahrhundertereignis" wohl nicht entgehen lassen.
Als "Stellvertreter Jesu Christi" und "Oberster Priester der Weltkirche", ist der  Papst auch Vertreter und Hampelmann der weltweit erfolgreichsten Opiumhöhle, welche sich mit einer gehörigen Portion Gewalt und jede Menge Blut gegen ihre Konkurenz durchzusetzen wusste: Des christlich-katholischen Glauben. So wird Ratzinger bei seinem (vorraussichtlich) sonnabendlichen Gottesdienst das übliche religiöse Programm und damit die Unmündigkeit des Menschen in seinem hierzulande populärsten Auswuchs
predigen.

Die Religion dient dem Menschen als Zuflucht und spricht ihm die Fähigkeit ab, die Welt und seine Situation zum Besseren zu wenden: Denn die "oberste Macht", welche die Welt und die Menschen meist sowieso selbst erschuf, leitet und beherrscht diese auch. Nur entsprechendes Wohlverhalten soll zum Glück im Diesseits beitragen - oder verspricht wenigstens ein glücklicheres Jenseits. So kann jeder Pickel und jede 6 in der Französisch-Klausur als Gottes Strafe verstanden werden, umgekehrt das geglückte Date und das
bestandene Abitur als Belohnung.
Und auch der mittelschwere Verfolgungswahn - sprich die Vorstellung eines Wesens, welches alles hört, sieht und einen nie allein lässt - hat seinen Reiz, denn er vermittelt das Gefühl von Bedeutung und erfüllt die eigene Existenz mit Sinn: Daher auch das Gefühl der Geborgenheit und Sicherheit, von welchem Religiöse zugenüge zu berichten wissen. Die Liste der religiösen entmündigenden Selbstzwecke würde sich noch um einige Punkte ergänzen lassen, aber dies würde den Rahmen sprengen.
Religion passt also zur modernen kapitalistisch eingerichteten Welt ganz gut. In der soll sich ja jeder die Welt in eine Summe von Chancen und Möglichkeiten für sich übersetzen — also ignorieren, dass die Erwartungen von Staat und Kapital an den einzelnen gerade nicht dessen Lebensglück und  Wohlergehen im Auge haben. Vielmehr soll sich der moderne Mensch einbilden, diese Welt sei für ihn, als Möglichkeit der Betätigung seiner Individualität geschaffen. All die Märkte auf denen er sich bewähren muss, soll er sich in lauter Angebote an ihn übersetzen. Für diese Selbsttäuschung, die beim guten Funktionieren übrigens sehr hilfreich ist, braucht man nicht unbedingt Götter — aber eine  sinnvolle Ergänzung und Überbrückung für all das, was man sich alles damit auflädt, sind diese Figuren allemal.

Teilweise zusammengeklaut von "Kaum zu glauben! Kritik der Religion" von Junge Linke gegen Nation und Kapital. Creative Commons Zero (CC 0).